Begleitschreiben zum Rechtsgutachten

Presbyterien der Kirchengemeinden Rheinberg und Alpen

Rechtsgutachten
Verwaltungsstrukturreform



Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Schwestern und Brüder,

seit dem Bekanntwerden der "Überlegungen, Arbeitsergebnisse und Vorschläge der Arbeitsgruppe I" im Rahmen der so genannten "Prioritätendiskussion" der Landessynode im Jahre 2005/2006 machen wir uns große Sorgen um die Wahrung unserer presbyterial-synodalen Ordnung. Schon während der ersten Podiumsveranstaltung in Alpen am 22.03.2006, bei der viele Vertreter niederrheinischer Presbyterien anwesend waren, wurde deutlich, dass es sich bei den geplanten Veränderungen nicht allein um harmlose Strukturfragen handelt, sondern um einen enormen Umbauprozess, der den Wesenskern unserer rheinischen Kirchenverfassung berührt. Das sich hier abzeichnende Anliegen einer zentralen Steuerung widerspricht grundlegend unserem bewährten Ansatz der dezentralen Subsidiarität.

Gerade der niederrheinische Protestantismus hat das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden jahrhundertelang in einem zähen Ringen verteidigt und so sehen wir es als unsere besondere Verpflichtung an, allen Bestrebungen entgegen zu treten, die dieses Grundprinzip substantiell gefährden. Dabei geht es vor allem sowohl um die theologische Identität als auch um den Bekenntnischarakter unserer Gemeinden. Denn: "Das Rechtsprinzip der presbyterial-synodalen Ordnung ist selbst einem übergeordneten Prinzip verpflichtet, dem lebendigen Christus-Wort" (Prof. Dr. Hellmut Zschoch LS Bad Neuenahr, 09.01.2006). "Diese presbyterial-synodale Ordnung unserer Kirche ist eine schrift- und bekenntnisgebundene Verfassung für das kirchliche Leben". (Präs. Nikolaus Schneider in EKiR Info 4.2012, S. 01)

Insofern haben wir in den vergangenen 8 Jahren mit weiteren Strukturvorhaben unserer Rheinischen Kirche gerungen und uns immer dann kritisch zu Wort gemeldet, wenn wir befürchteten, dass die Planungen dem Selbstbestimmungsrecht der Gemeinden widersprachen. Einige der ursprünglich vorgesehenen Veränderungen (z. B. Einschränkung des Pfarrwahlrechtes zugunsten der Kreissynode) konnten vermieden werden.

Allerdings kam es aus unserer Sicht zu einer erneuten Zuspitzung des Problems durch die von der Landessynode 2012 (www.ekir.de Landeskirche Beschluss 34, Drucksache 19) eingeleitete und nunmehr 2013 beschlossene Verwaltungsstrukturreform, die am 01.04.2014 in Kraft treten soll.

Durch dieses Gesetzesvorhaben sehen wir das Selbstverwaltungsrecht der Kirchengemeinden langfristig auf das Ärgste beschnitten und damit in einem Widerspruch zu unserer rheinischen Kirchenverfassung stehend, die dieses Prinzip als überpositive wie positive Ordnung bewahrt: "Es verweist zurück auf den Vorspruch der Kirchenordnung, der den christologischen Ursprung des Kirchseins und der kirchlichen Dienste und Ämter festhält." (Zschoch a.a.O.) Der von uns  auf der Tagung der Kreissynode Moers 2012 eingebrachte Antrag über die zu erwartenden Kosten der Verwaltungsreform wurde von der Landessynode nicht aufgegriffen und blieb unbeantwortet. Daher haben wir auf der letzten Tagung unserer Kreissynode angeregt, ein Rechtsgutachten erstellen zu lassen, um grundsätzlich zu klären, ob das nun vorliegende Verwaltungsstrukturgesetz im Einklang mit unserer rheinischen Kirchenverfassung steht und inwiefern hier elementare Selbstverwaltungsrechte der Gemeinden verletzt werden.

Das Gutachten, das inzwischen von uns bei der Kanzlei PEBERES Moers in Auftrag gegeben wurde, liegt nunmehr vor. Es erörtert ausgiebig vor allem die Verletzung des Körperschaftsrechtes, das der Kirchengemeinde laut Weimarer Reichsverfassung zugestanden wird. Können übergeordnete Instanzen einer Körperschaft des öffentlichen Rechtes Einflussmöglichkeiten auf die eigenen Belange entziehen oder gar zu bestimmten Verfahrenswegen zwingen? Können "Geschäfte der laufenden Verwaltung gesetzlich definiert und grundsätzlich auf die Verwaltung delegiert werden..." ohne die ausdrückliche direkte Zustimmung der jeweiligen Körperschaft selbst? Setzt nicht das Vorhaben der Verwaltungsreform zugleich eine Änderung der rheinischen Kirchenordnung voraus, die von der Landessynode zu beschließen wäre? Und inwieweit kann eine Landessynode diese grundlegenden elementaren Voraussetzungen der Kirchenordnung verändern? Nach § 126,3 KO ist ihr doch die Wahrung der presbyterial-synodalen Ordnung auferlegt.

Zudem zeigt eine fundierte historische Analyse, dass das Selbstverwaltungsrecht der rheinischen Gemeinden in den vergangenen Jahrhunderten mitnichten einem kontinuierlichen Wandlungs- und Akkomodationsprozess unterworfen war, sondern im Wesentlichen kontinuierlich beibehalten wurde.

Letztlich wird der innerkirchliche und staatliche Rechtsweg geprüft, um die Perspektive für das weiter Verfahren zu erörtern.

Wie angekündigt stellen wir Ihnen hiermit das Rechtsgutachten zum Verbleib und zur eigenen Verwendung zur Verfügung. Wir möchten damit zu einem Diskussionsprozess einladen und die Sensibilität für das hohe Gut unserer basisorientierten Kirchenkultur erhöhen. Über einen weiteren - auch übersynodalen - Dialog in dieser Frage würden wir uns sehr freuen.

Die Presbyterien der Evangelischen Kirchengemeinde Alpen und Rheinberg

Pfr. Dr. Hartmut Becks, Vorsitzender                                        Pfr. Udo Otten, Vorsitzender

 

 

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