Gottes Geist und der Geist der Welt

Von Hans-Jürgen Volk

Der Inhalt von Festen wie Ostern oder Pfingsten entzieht sich auf wohltuende Weise einer empirisch begründeten Rationalität. Gerade deswegen ist es anspruchsvoll, die Botschaft vom auferstandenen Jesus Christus sowie die Vorstellung vom Heiligen Geist einer Welt zu vermitteln, die auf das Messbare und Überprüfbare setzt.

"Ostern - ja, da ist irgendwann so ein Hase wiederbelebt worden." Ich kann man mich noch gut an diese kabarettreife Antwort eines Ahnungslosen erinnern, als mal wieder Reporter mit Mikro in der Hand durch Fußgängerzonen zogen, um die religiöse Bildung unserer Zeitgenossen zu testen. Sowas kommt dann in Nachrichtensendungen des Fernsehens. Ein echtes Bildungsproblem, dem man durch Schulen in kirchlicher Trägerschaft, einen guten Religionsunterricht oder durch ansprechende Konfirmandenarbeit begegnen kann. Wichtige Begriffe aus der Bibel muss man immer wieder neu erklären, weil sie unserem Alltagswortschatz entgleiten. Wenn ich mit Konfirmanden über Bibeltexte rede, merke ich das. Dabei benutzen wir die "Gute Nachricht Übersetzung", manchmal auch "Hoffnung für alle". Extra für Jugendliche gibt's diese Übersetzungen. Doch auch da kommen Worte wie "Güte", "Weisheit" oder "Barmherzigkeit" vor, Gott sei Dank. Aber es sind Begriffe, die in Nachrichtensendungen des Fernsehens kaum Verwendung finden und deswegen auch jungen Menschen nicht unbedingt geläufig sind.

"Güte? - Könnte was mit Gütern zu tun haben. Was ziemlich Wertvolles." Meine erklärende Antwort: "Güte hat ein Mensch, der Dir einfach nur gut will." - "Weisheit, die könnte jemand haben, der schlau ist und intelligent." Diesmal kommt die Antwort aus der Gruppe: "Weisheit könnte auch was mit Gerechtigkeit zu tun haben; so wie dem Richter Alexander Hold, der die Menschen durchschaut und trotzdem gut mit ihnen umgeht, meistens jedenfalls." Ich lasse das mal so stehen, weil es ganz gut auf den Punkt gebracht ist, ganz unabhängig von diesen, ja auch nicht unproblematischen Gerichtssendungen. - "Barmherzig, das könnte süß bedeuten, niedlich wie ihre Katzen, Herr Volk." Ich werfe ein, dass unsere Katzen zwar niedlich und anschmiegsam sein können, aber auch grausam, wenn ihnen zum Beispiel eine Maus über den Weg läuft. "Dann sind die einfach nur unbarmherzig!" "Barmherzig heißt also, Mitleid haben." sagt eine Konfirmandin, die seit einiger Zeit Vegetarierin ist. Spannende Gespräche sind das, bei denen sich die Jugendlichen diese für sie zunächst sperrigen Begriffe auf oft beeindruckende Weise selbst erschließen.

Wann haben Sie zum letzten Mal in den Nachrichten oder in einem Zeitungskommentar erlebt, dass ein prominenter Verantwortungsträger aus der Politik oder der Wirtschaft gelobt wurde wegen seiner Güte, seiner Weisheit oder gar seiner Barmherzigkeit? Das kommt kaum vor. Und für einen Politiker wäre ein derartiges Lob womöglich sogar schädlich. Wer will schon gerne als "Gutmensch" gelten? - Ein scheußlicher Begriff, der von den Nazis popularisiert wurde. Was zählt, ist Kompetenz, Führungsstärke oder Durchsetzungsfähigkeit.

Der Geist der Welt, der unseren Alltag meistens prägt, ist bestimmt von dem, was wir begreifen und messen können. Er drückt sich aus in Karrierezielen, Kalkulationen und Prognosen, mit denen sich Menschen Scheinsicherheiten aneignen wollen. Glaube als notwendige Ergänzung der kleinen Inseln des Wissens ist ihm zutiefst suspekt. Den rückt er in seiner Ignoranz in den Bereich des Obskuren: "Die feiern Ostern, weil die einen auferstandenen Hasen verehren. Sowas Beklopptes!"
 
Gottes Geist verkörpert sich im Mann von Nazareth, in seiner Güte, seiner Weisheit und seiner Barmherzigkeit. Er führt uns hinaus über den engen Horizont eines Lebensgefühls, das von Messbarkeit und Planbarkeit bestimmt ist in die Weite wirklichen Lebens.

Jesus sagt: "In der Welt habt ihr Angst. Aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden." Der Geist der Welt macht den Menschen zur einsamen, überforderten Spezies, die eine Wirklichkeit glaubt gestalten zu müssen mit den eigenen begrenzten Möglichkeiten, die ihr bis auf Weiteres intellektuell unverständlich bleiben wird. Aus dieser permanenten Überforderung wird am Ende Angst - Angst vor Versagen, Angst vor der Zukunft, Angst vor dem Tod; Lebensangst. Jesus Christus öffnet den Horizont für Vertrauen zum Leben. Er gibt sich hin am Kreuz aus Liebe zu uns Menschen in unserer Angst. Auf eine Weise, die weder messbar noch rational verständlich ist, überwindet er den Tod, um uns Freiheit von Lebensangst zu schenken.

Ein Politiker, der unser Land zu neuer Wettbewerbsfähigkeit führen wollte, sagte einmal: "Ohne Wirtschaft ist alles nichts." - Eine Aussage von sehr begrenzter Reichweite. Paulus hält dem im 1. Korintherbrief in jenem wunderbaren 13. Kapitel entgegen: "Ohne Liebe ist alles nichts."

Jesus spricht: “In der Welt habt ihr Angst; aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden."

Johannes 16,33

 

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